HR/IT Talk Episode #62

HCM Movement: Wohin mit HR Core, Payroll und Zeitwirtschaft?

Der 31. Dezember 2027 – ein Datum, das viele SAP ERP HCM Anwenderunternehmen genau im Blick behalten müssen. Denn an diesem Tag endet die Wartung für das klassische On-Premise basierte HCM-System - und damit steht eine umfassende Transformation an. Was bedeutet das für die HR-Kernthemen wie Administration, Personalabrechnung und Zeitwirtschaft? Welche Schritte sind jetzt notwendig, um zukunftsfähig zu bleiben? Genau darüber sprechen in dieser Folge p78 Geschäftsführer Michael Scheffler und sein Gast, Stefan Schüßler, Business Development Manager Human Capital Management bei SAP.

Ergänzende Informationen zu dieser Episode:

- „HR in der Cloud - hoher Nutzen, typische Herausforderungen“, HR/IT Talk Episode #47 
- „Lessons Learned SAP SucessFactors Einführungsprojekte“, HR/IT Talk Episode #3 (08/2019)
- „Der Umstieg auf SAP HCM for S/4HANA (H4S4) im Detail“

Das Interview zum Nachlesen

 

Michael Scheffler

Servus Stefan, willkommen bei HR IT Talk. Es freut mich persönlich sehr, dass wir es nach all den Jahren endlich geschafft haben, uns hier in diesem Podcast zu treffen. Wir kennen uns ja schon seit Dekaden. Für die, die dich nicht kennen: Du arbeitest bei der Software-Stelle SAP als Business Development Manager im Bereich Human Capital Management und bist daher in der HR-Community bestens bekannt. Möchtest du dich dennoch bitte unseren Hörern vorstellen, die dich noch nicht kennen sollten?

 

Stefan Schüßler

 Ja, hallo Michael, das mache ich doch gerne. Wie du ja schon gesagt hast, arbeite ich schon seit vielen Jahren bei der SAP. Ich war immer im HCM-Umfeld tätig, ganz ähnlich, wie es für dich auch der Fall war. Ich habe eigentlich die letzten 30 Jahre ausschließlich in der Personalwirtschaft gearbeitet, immer auch mit Kundenbezug und zu Beginn meiner Laufbahn in der Entwicklung. Unter anderem war ich Ansprechpartner für die DSIG und bin vor einigen Jahren in die Landesgesellschaft Deutschland gewechselt, in den Vertrieb. Jetzt bin ich tatsächlich Business Development Manager für das Thema HCM. Das klingt immer so abstrakt: Business Development Manager – was macht man da? Man sorgt im Grunde dafür, dass unsere Kunden verstehen, was die SAP eigentlich macht, wohin die Strategie geht, und welche Rahmenbedingungen zu beachten sind. Im Grunde rede ich sehr oft über die Themen, die wir beide heute im Podcast besprechen wollen. Vielleicht noch eine Frage, die häufig gestellt wird: Was hast du vorher gemacht? Hast du etwas Bestimmtes studiert? Tatsächlich bin ich ein Quereinsteiger, wie viele in der HR-Branche. Ich habe ursprünglich Germanistik und Informationswissenschaften studiert, mit einem Schwerpunkt auf Altphilologie. Wir könnten uns also auch gerne über mittelalterliche Literatur unterhalten, aber das hat so gar nichts mit IT zu tun. Ich bin ein klassischer Quereinsteiger.

 

Michael Scheffler 

Das wusste ich gar nicht, und in dem Gebiet muss ich passen.

 

Stefan Schüßler

Das ist bei dir ja meistens so, Michael. Das ist exotisch.

 

Erster Meilenstein: Das Ende der Wartung für SAP ERP HCM:

 

 

Michael Scheffler

Danke für die Vorstellung, Stefan. Dann lassen wir uns gleich zur ersten Frage übergehen. Ein wichtiger Meilenstein für alle SAP ERP HCM-Unternehmen rückt näher, nämlich der 31.12.2027, ein Datum, das viele aus der Branche kennen. An diesem Stichtag wird nämlich das klassische HCM-System aus der Wartung genommen. Im Vorgespräch hast du mir verraten, dass noch eine ganze Reihe der SAP-Kunden auf das klassische On-Premise-System als Fundament ihres Personalwirtschaftssystems setzen. Du hast eine Zahl von etwa 1500 bis 1700 genannt. Das hat mich sehr überrascht. Kannst du uns vor diesem Hintergrund bitte einen Überblick geben? Wie geht es denn nun mit den zentralen Themen Administration, Personalabrechnung und Zeitwirtschaft weiter? Welche Optionen haben die betroffenen Unternehmen jetzt?

 

Stefan Schüßler

Michael, du hast ja schon eine Zahl genannt. Es sind tatsächlich etwa zwischen 1500 und 1700 Kunden in Deutschland, vielleicht sogar noch ein paar mehr. Ganz genau wissen wir das nicht, aber es sind noch viele, die auf dem SAP ERP HCM-Stand sind. Das war ja auch jahrelang unser Schlachtschiff. Mit Blick auf den 31.12.2027 bieten wir im Grunde genommen drei Möglichkeiten an – oder eigentlich sind es vier, wobei ich die vierte Möglichkeit am Schluss kurz gesondert erklären werde. Die erste Möglichkeit ist, dass man als Kunde der SAP-Strategie folgt und versucht, in die SuccessFactors Public Cloud zu gehen. SuccessFactors ist unser Flaggschiff, eine Lösung, bei der wir wirklich Innovationen vorantreiben. Diese Option ist auch für Kunden geeignet, die bisher klassische Personalabrechnung und Zeitwirtschaft nutzen. 

Mit Employee Central bieten wir ein Stammdatensystem an, das schon recht beliebt ist. Wir haben auch eine Zeitwirtschaftslösung und die Employee Central Payroll, die zwar auf dem klassischen RPK basiert, aber mit einer starken Point-to-Point-Integration an das Employee Central als Stammdatensystem angebunden ist. Eine ganze Reihe von Kunden sieht das als Alternative und wählt diesen Weg. Die zweite Möglichkeit gibt es in zwei Varianten: Man bleibt in der klassischen Welt, bringt diese aber in eine S/4HANA-Umgebung. Das bedeutet, man nutzt S/4HANA als Laufzeitumgebung auf der HANA-Datenbank. Wenn man beispielsweise die Personalabrechnung in ein S/4HANA-System überführt, erbt die Abrechnung die Wartungszusage von S/4HANA, die aktuell bis mindestens 2040 läuft – also eine sehr lange Zeit. Da machen wir beide keinen Podcast mehr, bis dahin bin ich 75 Jahre alt, das ist wirklich weit in der Zukunft. Diese Option bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre aktuellen Lösungen im Bereich Stammdaten, Zeitwirtschaft und Payroll in eine Kontinuitätsschiene zu überführen. 

Es gibt diese Variante als On-Premise-Lösung, die der Kunde selbst betreibt und umstellt, oder als Private Cloud Edition, bei der die SAP das System in einem Rechenzentrum eines Hyperscalers wie Google, Microsoft oder Amazon bereitstellt. Der Unterschied ist, dass On-Premise mit einer Lizenzierung im Voraus einhergeht, während die Private Cloud als jährliches Abonnement erfolgt. Viele Kunden wählen auch hybride Formen, bei denen sie Employee Central als Stammdatensystem nutzen und die Abrechnung und Zeitwirtschaft entweder On-Premise oder in der Private Cloud betreiben. Wichtig ist auch, dass die SAP eine Wartungsverlängerung über den 31.12.2027 hinaus anbietet. Diese muss allerdings als Kunde aktiv beantragt werden und betrifft standardmäßig die gesamte Installation. Es ist schwierig, nur einzelne Produkte wie die Payroll zu verlängern, aber hier gilt: Sprechen Sie mit uns, und wir finden gemeinsam eine Lösung.

 

Die Hauptgründe für den Einsatz von SAP SuccessFactors: Innovationen und Mehrwert durch Künstliche Intelligenz

 

 

Michael Scheffler

Ja, gut, das Stichwort. Was ist deiner Meinung nach der wichtigste Grund oder die wichtigsten Gründe für den Einsatz von SAP SuccessFactors, also eurer HCM-Cloud-Lösung? Was spricht dafür, deiner Meinung nach?

 

Stefan Schüßler

Es spricht ja eine ganze Reihe von Gründen dafür, Michael. Der wichtigste Punkt ist sicherlich, dass wir mit SuccessFactors wirklich Innovationen liefern. Wir haben ein relativ großes Solution Management- und Produktmanagement-Team und eine große Anzahl an Entwicklern, die daran arbeiten – signifikant mehr als beispielsweise auf der S/4HANA-Schiene. Deshalb bieten wir auch regelmäßig viele Neuerungen an. Das sind zum einen die klassischen Updates, die die Kunden zweimal pro Jahr erhalten, aber vor allem auch viele Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz (KI), die wir regelmäßig dazwischen ausliefern. Das bedeutet, wenn wir neue KI-Funktionen haben, bekommen Kunden diese auch außerhalb der klassischen Release-Zyklen. Das ist wirklich eine ganze Menge. Wer letzte Woche oder vorletzte Woche auf der SuccessConnect war und unserem Entwicklungschef zugehört hat, hat sicherlich einige Ankündigungen gehört. Dazu gehören unter anderem Dinge wie ein interaktiver Payslip, der Fragen beantworten kann und sich dem Mitarbeiter selbst erklärt. Mit solchen Funktionen erwarten wir, dass wir das Aufkommen von Serviceanfragen im Bereich der Gehaltsabrechnung reduzieren können.

 Ein weiteres Beispiel ist, dass sich Führungskräfte auf Gehaltsgespräche vorbereiten können, indem sie das System bitten: „Lieber System, sag mir bitte, was Michael Schäffler letztes Jahr verdient hat, inklusive seiner Gehaltserhöhungen, wo er in der relativen Lage liegt, und schreib mir das bitte zusammen.“ Oder: „Mach mir bitte eine zweite Liste mit den Benefits, die Michael erhalten hat – Firmenwagen, Kreditkarte, etc.“ Solche Funktionen, insbesondere rund um das Thema generative KI und Textgenerierung sowie das Learning, bei dem das System gezielte Vorschläge macht, bieten einen enormen Mehrwert. Wenn wir diese Funktionen Kunden zeigen, sehen wir regelmäßig, wie begeistert sie sind. Das sind wirklich Punkte, bei denen man sofort erkennt, dass SuccessFactors ganz andere Möglichkeiten bietet.

 

Dringlichkeit der Transformation: Demografische Veränderungen und die Chance zur Systemoptimierung

 

 

Michael Scheffler

Und warum sollten Kunden nun keine Zeit mehr verlieren und umgehend mit der Transformation in Richtung SuccessFactors starten? Einen wichtigen Grund hast du ja eben schon erläutert – das Wartungsende, also das End of Lifetime von SAP ERP HCM, haben wir besprochen. Was siehst du denn noch für drei weitere Beweggründe abseits von dem berühmten Datum 31.12.2027?

 

Stefan Schüßler

Also, abseits von diesem Datum glaube ich, dass momentan auch einige wichtige Entwicklungen im Hinblick auf die Demografie in den Personalabteilungen stattfinden. Ich meine, ich sehe es ja bei mir selbst. Ich werde demnächst 60 und meine berufliche Laufbahn neigt sich auch allmählich dem Ende zu. Wir beobachten, dass viele Wissensträger in den Personalabteilungen älter werden und irgendwann das Unternehmen verlassen. Wenn jemand geht, der viele Jahre, gerade im HCM-Bereich, gearbeitet hat und Änderungen, wie Abschlussbetriebsvereinbarungen oder gesetzliche Regelungen, betreut hat, dann verschwindet nicht nur technisches Wissen, sondern auch das Wissen über die Hintergründe von bestimmten Konfigurationen oder Regeln, die im System implementiert wurden. 

Wir sehen schon jetzt, dass es für viele Kunden immer schwieriger wird, dieses Wissen zu bewahren und in einer Form zu dokumentieren, die es anderen ermöglicht, es zu übernehmen. Die richtige Reaktion darauf ist eigentlich, diesen Zeitpunkt zu nutzen und zu sagen: „Okay, lasst uns den 31.12.2027 als Anlass nehmen, um alles zu überprüfen.“ Man sollte ein gutes Projekt aufsetzen und schauen, welche alten Prozesse und Strukturen in der Lohnabrechnung und Zeitwirtschaft man nicht mehr benötigt. Man muss nicht alles in die neue Welt übernehmen. Es ist sinnvoll, Altlasten zu entfernen und das System zu optimieren. Bei SAP sprechen wir oft von „Clean Core“-Strategien, um sicherzustellen, dass man nur die notwendigen Funktionen weiterführt und alles Überflüssige aus dem System entfernt. Das ist nicht nur aus Effizienzgründen wichtig, sondern auch, weil das alte Wissen mit den Personen, die es besitzen, irgendwann verloren geht. Viele Kunden erkennen das und sehen dies ebenfalls als wichtigen Treiber für die Durchführung von Projekten.

 

Michael Scheffler

Guter Punkt. Zu lange zu warten könnte bedeuten, dass dann alle gleichzeitig durch die Tür wollen.

 

Alternative Lösungen für spezielle Kundenbedürfnisse: Warum SAP H4S4 trotz Cloud-Fokus angeboten wird

 

 

Michael Scheffler

Seit Ende 2022 besteht für SAP-Anwenderunternehmen die Option, auf die Nachfolgelösung SAP HCM for S/4HANA oder H4S4 zu migrieren. Das hast du ja auch schon angesprochen, sowohl in der On-Premise- als auch in der Private Cloud Edition. Mich würde interessieren, wie passt das denn zusammen mit der Aussage, dass SAP SuccessFactors die „Go-Forward“-Lösung der SAP ist? Warum gibt es dann an der Stelle doch noch mal eine alternative Lösung?

 

Stefan Schüßler

Naja, wir haben nach wie vor Kunden, für die es grundsätzlich schwierig ist, in eine Public Cloud wie SAP SuccessFactors zu wechseln. Das betrifft stark regulierte Bereiche, wie etwa staatsnahe Institutionen – ich denke hier an unseren Geheimdienst in Pullach, um ein Beispiel zu nennen. Diese Institutionen würden nicht ohne Weiteres in die Public Cloud gehen. Ähnliches gilt für stark regulierte Bereiche im Finanz- und Versicherungssektor oder Teile des öffentlichen Dienstes, die nach wie vor Schwierigkeiten haben, in die Cloud zu wechseln. Es gibt Kunden, für die der Schritt in die Cloud rechtlich oder organisatorisch anspruchsvoller ist als für andere. Das müssen wir natürlich berücksichtigen. Für uns gilt das Prinzip, dass wir keinen Kunden zurücklassen. Es gibt auch Kunden, die sagen: „Ja, wir haben verstanden, dass die Cloud die Zukunft ist, und wir sind daran interessiert, irgendwann dorthin zu wechseln.“ 

Aber aus wirtschaftlichen oder projekttechnischen Gründen, oder weil die SAP in der Cloud noch nicht alle Funktionen bietet, die sie benötigen, können sie das in den nächsten zwei Jahren einfach noch nicht umsetzen. Diese Kunden brauchen mehr Zeit, und dem müssen wir Rechnung tragen. Daher hat die SAP klugerweise beschlossen, die Möglichkeit zu verlängern, in der alten Welt zu bleiben – bis 2027, wie wir das ja auch schon in der DSAG angekündigt hatten. Nach 2027 bieten wir eine Kontinuitätslösung für genau die Kunden an, für die ein sofortiger Wechsel in die Cloud nicht möglich ist. Das Letzte, was wir wollen, ist, dass ein Kunde sagt: „Der Druck von SAP, in die Cloud zu wechseln, passt nicht zu uns, also machen wir etwas anderes.“ Wir respektieren die Treue unserer Kunden, die viele Jahre im ERP-Bereich gearbeitet haben, und wir wissen, dass der Wechsel in die Cloud eine Herausforderung ist. Deshalb haben wir diese Alternative geschaffen. Wir betonen aber auch, dass es sich dabei um eine Kontinuitätslösung im S/4HANA handelt, die weniger Innovationen bietet als die SuccessFactors-Welt. Diese Lösung ist für Kunden gedacht, die mehr Zeit benötigen, um sich auf die Cloud vorzubereiten.

 

Wichtige Rahmenbedingungen und Herausforderungen bei der Migration zu S/4HANA

 

 

Michael Scheffler

 Gut, und angenommen, ich habe mich jetzt dazu entschieden, auf S/4HANA zu migrieren. Welche Rahmenbedingungen müssen denn da von den SAP-Kunden beachtet werden? Welche Punkte kennst du da? Ich persönlich aus unseren Beratungsprojekten – und wir haben da inzwischen einige – sehe natürlich sehr oft das Thema Vereinfachungen oder sogenannte „Simplifizierungsobjekte“. Das bedeutet eine Reduzierung der Funktionen unter H4S4, was sowohl die On-Premise- als auch die PCE-Edition betrifft. Hast du da noch weitere Beispiele für mich? Was gilt es zu beachten für Unternehmen, die migrieren wollen?

 

Stefan Schüßler

 Ja, das ist tatsächlich ein wichtiger Punkt: die Simplification-Items. Generell empfehlen wir jedem Kunden, den S/4HANA-Readiness-Check durchzuführen. Dieser gibt Aufschluss darüber, welche Funktionen im Einsatz sind und ob es Dinge gibt, die unter die Simplifizierung fallen. Im Vorgespräch haben wir ja schon ein bisschen darüber gesprochen, Michael, und da sind uns einige Punkte aufgefallen, die häufiger auftreten – zum Beispiel der Manager’s Desktop oder das alte Veranstaltungsmanagement. Der Readiness-Check zeigt diese Punkte auf und weist auch auf Alternativen hin. Es wird also erklärt, welche Optionen es gibt. Zum Beispiel wäre eine Alternative zum Manager’s Desktop die Nutzung von MSS (Manager Self-Service). Solche Alternativen bieten wir immer an. Wir empfehlen unseren Kunden auch, mit uns oder Beratungspartnern wie euch zu sprechen, um einen soliden Plan für die Migration zu erstellen. Man sollte sich überlegen, ob man ein Greenfield- oder Brownfield-Projekt umsetzt oder eine komplett neue Implementierung plant. Wichtig ist, nicht nur auf S/4HANA als Laufzeitumgebung zu achten, sondern auch auf die HANA-Datenbank. Wenn man eigene Entwicklungen oder Reports hat, sollte man sicherstellen, dass alles kompatibel ist. S/4HANA hat beispielsweise eine leicht andere Sortierreihenfolge, wenn keine eigene vorgegeben ist, was zu berücksichtigen ist.

 

Michael Scheffler

Das kann ich komplett bestätigen. Das Thema Simplifizierungsobjekte beschäftigt einige Kunden. Wir hatten auch schon Projekte, bei denen Neueinführungen notwendig wurden. Ein Beispiel ist die Ablösung einer alten Personalbeschaffung durch SAP SuccessFactors Recruiting im Rahmen eines H4S4-Projekts. Der Manager’s Desktop ist nach wie vor sehr verbreitet, auch wenn es moderne Alternativen gibt. Auch das Thema HANA-Datenbank-Readiness ist wichtig. Wenn Kunden noch nicht auf eine HANA-Datenbank umgestellt haben, kann es je nach Kundenlandschaft aufwendig sein, den Custom Code anzupassen. Der Teufel steckt da oft im Detail, aber in Summe sind es keine riesigen Projekte. 

 

Stefan Schüßler

Wir wollen niemandem Angst machen – es ist nichts Hochkritisches, aber es muss gemacht werden. Es ist Arbeit, aber nichts, was einen komplett aus der Bahn wirft.

 

Veränderte Lizenzmodelle unter S/4HANA: Was SAP-Kunden wissen müssen

 

 

Michael Scheffler

Ein anderes Thema, das in der Branche hoch und runter diskutiert wird, ist das Thema Lizenzen. Das ändert sich ja auch mit H4S4. Kannst du uns dazu ein bisschen was sagen und vielleicht erläutern, was sich da genau tut?

 

Stefan Schüßler

Ja, das ist ein Thema, das auch über die reinen HCM-Anwendungen hinausgeht. SAP hat mit dem Wechsel auf S/4HANA das Lizenzmodell generell ein bisschen geändert. Wenn man mal auf HCM schaut: In der Vergangenheit, in der klassischen Business Suite und der ERP-HCM-Welt, haben wir zwei Arten von Lizenzierungen gekannt. Zum einen konnte man eine Engine kaufen und diese für eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern lizenzieren, die in der Engine verarbeitet wurden. Ein Beispiel dafür ist die Lohn- und Gehaltsabrechnung. Diese Engine wurde in Staffeln von 500 Mitarbeitern lizenziert und kostete entsprechend tausende Euro als Vorauslizenz. Danach zahlte man Wartung, und die Abrechnung war abgedeckt. Für andere Bereiche, wie die Stammdatenpflege oder die Zeitwirtschaft, gab es diese Engine-Lizenzierung nicht. Dort wurden einzelne Mitarbeiterlizenzen verwendet. Zum Beispiel für Mitarbeiter, die Urlaubsanträge stellen oder ihre eigenen Daten pflegen durften. Es gab Core-User-Lizenzen für einfache Benutzer und höherwertige Lizenzen, wie den Manager-Service-User, für erweiterte Funktionen wie Bestellungen im Einkauf oder die Buchung von Reisekosten. 

Diese Art der Nutzungsrechte für einzelne Mitarbeiter gibt es nun unter S/4HANA und auch in der SuccessFactors-Welt so nicht mehr. Funktionen wie Stammdatenpflege und Zeitwirtschaft sind ebenso wie die Lohn- und Gehaltsabrechnung zu Engines geworden. Das ist weder grundsätzlich gut noch schlecht – es hängt vom individuellen Kundenfall ab. Es ist wichtig, mit uns zu sprechen, um eine Umrechnung der bisherigen Lizenzen vorzunehmen. Kunden, die in ESS-, MSS-User oder in die alte Lohn- und Gehaltsabrechnung investiert haben, können von uns unterstützt werden. Wir können das anrechnen, aber es muss eben gemacht werden. Das ist ein Aufwand, den man nicht vergessen darf. Man muss das Gespräch suchen, um die Lizenzierung ordentlich zu regeln. Aber in der Regel finden wir mit unseren Kunden eine Lösung, die für beide Seiten passt.

 

Strategische Überlegungen zur Entgeltabrechnung: Unterschiede in Innovationen zwischen Public Cloud und H4S4

 

 

Michael Scheffler

Lass uns doch bitte mal zum nächsten Thema kommen. Ich würde gerne etwas näher auf die Entgeltabrechnung zu sprechen kommen. Du hast vorhin ja schon aufgezeigt, welche Optionen da existieren. Es ist ja allseits bekannt, dass ihr mit der SAP SuccessFactors Payroll – oder auch bekannt als NextGen Payroll, was wohl der Arbeitstitel war – an einer gänzlich neuen Payroll-Lösung in der Cloud arbeitet. Daneben existiert die von dir erwähnte ECP, also die Employee Central Payroll, die letztlich eine klassische PY-Lösung ist, die ihr hostet. Eine weitere Möglichkeit ist, die Lohn- und Gehaltsabrechnung in der Cloud mit der H4S4 PCE (Private Cloud Edition) zu betreiben. So gibt es viele Optionen. Wie sieht denn generell auf diesem Gebiet eure Strategie aus? Was kannst du einem SAP-Bestandskunden empfehlen, der heute die klassische PY-Lösung unter SAP ERP einsetzt?

 

Stefan Schüßler

Meine persönliche Empfehlung wäre, zunächst einmal zu schauen, wie es mit den Stammdaten aussieht. Kann ich meine Stammdaten in Richtung Employee Central bewegen? Wenn es da keine Bedenken gibt, wäre der nächste Schritt, zu prüfen, ob die Employee Central Payroll passt. Das ist eine vollständige Lohn- und Gehaltsabrechnung, die wir anbieten, mit einigen Einschränkungen. Eine davon ist, dass das System, das wir für den Kunden betreiben, keine kundeneigenen Modifikationen außerhalb von BAdIs enthalten darf. Außerdem haben wir gewisse Einschränkungen, die sicherstellen, dass sich alles auf die Lohn- und Gehaltsabrechnung konzentriert. Die Employee Central Payroll basiert auf dem klassischen RPK und sollte keine zusätzlichen Prozesse enthalten, die nichts mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung zu tun haben. Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen viele Provisionen zahlt, die verzinst werden und im Fall von Vertragsrücktritten zurückgefordert werden müssen, gehen solche Prozesse über die reine Lohn- und Gehaltsabrechnung hinaus. 

Solche Fälle sind bei der Employee Central Payroll ausgeschlossen, da wir den Wartungsaufwand gering halten wollen und nur auf Lohn- und Gehaltsabrechnung fokussiert sind. Wenn man das akzeptiert, ist die Employee Central Payroll eine kostengünstige Option. Sie erfordert eine gewisse Standardisierung, was sinnvoll sein kann, um näher am Standard zu bleiben. Für viele unserer Kunden ist sie eine Alternative. Ansonsten bleibt die Abrechnungsvariante auf S/4HANA, die im Wesentlichen der bestehende RPK ist, mit dem Unterschied, dass man ein Payroll Control Center einsetzen kann. Spannend wird es, wenn man in die Zukunft schaut, zu der neuen SuccessFactors NextGen Payroll. Diese gibt es aktuell für das erste Land, UK, und dort gibt es bereits erste Kunden, die sie nutzen. Für Deutschland ist sie noch nicht verfügbar, und SAP ist zurückhaltend, ein genaues Datum zu nennen. Wir haben großen Respekt davor, eine funktionsfähige Payroll für den deutschen Markt mit knapp 2000 Kunden anzubieten. Daher sind wir da defensiv und können kein Datum vor dem 31.12.2027 versprechen. Selbst wenn die neue Lösung verfügbar wäre, müsste man wissen, dass es eine komplett neue Implementierung ist. 

Man kann grundlegende Daten wie Lohnarten und Abrechnungsdaten übernehmen, aber es gibt keinen einfachen Knopf, der eine Umstellung von alt auf neu ermöglicht. Das erfordert Arbeit und Vorbereitungen, und der Markt ist noch nicht bereit dafür. Während dieser Übergangszeit bleibt die Employee Central Payroll eine wichtige Lösung, auch für Kunden, die voll in die Cloud wechseln möchten. Wir werden sie weiterhin mit Innovationen versorgen, wie beispielsweise dem erklärenden Payslip und Verbesserungen im Payroll Control Center, um den Mehrwert für unsere Kunden zu erhalten. Die SuccessFactors Payroll ist also noch Zukunftsmusik für Deutschland, und es braucht Zeit, bis alle Landesversionen abgedeckt sind. Wir arbeiten daran, die neue Payroll so zu gestalten, dass sie einfacher zu bedienen ist und mehr auf das fachliche Wissen als auf technische Kenntnisse setzt. Ich freue mich darauf, wenn wir diese Lösung bald auch unseren deutschen Kunden zeigen können und bin zuversichtlich, dass das Feedback positiv sein wird. Aber es ist noch nicht so weit.

 

Michael Scheffler

Da habe ich zwei Rückfragen, Stefan. Die erste Frage, die mir jetzt gerade in den Sinn kommt: Ist es denn tatsächlich so, dass die ECP (Employee Central Payroll) nur in Verbindung mit SuccessFactors von eurer Seite angeboten wird, also nicht mit einem klassischen ERP HCM oder einem H4S4-System sprechen kann?

 

Stefan Schüßler

Ja, das ist so, Michael. Wir haben es so eingerichtet, dass es eine Point-to-Point-Integration zwischen Employee Central als Stammdatensystem und der Employee Central Payroll gibt. Das bedeutet, dass die Employee Central Payroll nur mit Employee Central als Stammdatensystem funktioniert. Das ist so.

 

Michael Scheffler

Okay, alles klar, verstanden. Die zweite Frage, die mir gerade in den Sinn gekommen ist: Du hast erwähnt, dass es für die ECP Innovationen geben wird. Trifft das auch auf die H4S4 PCE (Private Cloud Edition) zu, also die Entgeltabrechnung, die ich zum Beispiel im Rahmen von RISE betreibe?

 

Stefan Schüßler

Grundsätzlich werden wir auch in der PCE Verbesserungen vornehmen. Viele der Entwicklungen, die wir machen, bieten wir in beiden Welten an. Aber wie ich schon das Beispiel mit dem Payslip erwähnt habe, bei dem KI im Hintergrund läuft, ist es so, dass der SAP-Vorstand entschieden hat, dass solche Innovationen, insbesondere rund um Künstliche Intelligenz, nur in der Public Cloud verfügbar sein werden. Das bedeutet, dass diese Art von Innovationen, die auf KI basieren – wie das Einlesen und Verarbeiten von Daten, um kontextbasierte Antworten zu geben – in der Public Cloud liegen. Das ist eine strategische Entscheidung, die Christian Klein verkündet hat. Es liegt auch daran, dass Employee Central und Employee Central Payroll sehr eng zusammenarbeiten. Wenn wir solche Entwicklungen für die klassische Welt und SuccessFactors parallel machen müssten, hätten wir bei SAP einen enormen Aufwand. Daher hat man entschieden, dass solche Innovationen nur für Datenquellen in der Public Cloud bereitgestellt werden. Das führt dazu, dass es ein gewisses Delta zwischen dem, was die ECP kann, und dem, was die klassische Payroll bietet, geben wird. Aber man muss auch klar sagen, dass wir in der klassischen Payroll weiterhin gesetzlichen Änderungen und Verbesserungen bereitstellen. Wir kooperieren weiterhin mit der DSAG, unseren Anwenderkreisen und der HR Community, um Verbesserungen zu gewährleisten. Diese haben jedoch nicht den revolutionären Charakter, den die Entwicklungen in der Employee Central Payroll und später in der SuccessFactors Payroll haben werden.

 

Zeitwirtschaft im Wandel: Functional Parity zwischen On-Premise und Cloud

 

 

Michael Scheffler

Nächstes Thema, auf das ich gerne nochmal etwas detaillierter eingehen würde, ist die Zeitwirtschaft, also das gute alte PT-Modul. Ihr sprecht inzwischen von einer Parität der Lösungen, was On-Premise und Cloud anbelangt. Das ist also eine andere Ausgangssituation als im Bereich der Entgeltabrechnung. Kannst du uns hierzu noch ein bisschen was sagen?

 

Stefan Schüßler

 Ja, in der Tat. Bei der Zeitwirtschaft haben wir davon gesprochen, dass wir die Functional Parity fast schon hergestellt haben oder sogar schon erreicht haben. Das bedeutet, dass wir eine Positivzeitwirtschaft anbieten, bei der Mitarbeiter gegen einen Arbeitszeitplan arbeiten, ein- und ausstechen können und Arbeitszeiten mobil sowie am Desktop erfassen können. Das funktioniert alles sehr gut. Wir haben jedoch großen Respekt vor den vielen individuellen Lösungen und Betriebsvereinbarungen, die unsere Kunden in der Zeitwirtschaft umgesetzt haben. Das können wir nicht zu 100 Prozent abbilden. Aber was den Standard betrifft, sind wir mit der SuccessFactors-Zeitwirtschaft auf Augenhöhe mit der klassischen Lösung. Ein Vorteil der neuen Zeitwirtschaft ist, dass sie in einem „Always-On“-Modus läuft und in Echtzeit funktioniert. Wenn ein Mitarbeiter einsticht und aussticht und beispielsweise zwei Stunden mehr arbeitet, müssen keine Batch-Prozesse ablaufen – die Arbeitszeit ist sofort sichtbar. 

Wir hatten bereits erste Kunden, die diese Funktion genutzt haben, beispielsweise in Kombination mit Subsystemanbietern für Stechuhren. Mitarbeiter können beim Ausstechen sehen, wie viele Überstunden sie haben und entscheiden, ob sie diese auf das Urlaubskonto buchen, sich auszahlen lassen oder auf ein Langzeitkonto verbuchen möchten. Die neue Lösung bietet einige spannende Features. Zum Beispiel können wir per Geofencing den Ort bestimmen, an dem ein Mitarbeiter einsticht, und sie läuft sicher und mobil auf allen Endgeräten. Es gibt auch ein Arbeitszeitblatt als Teil der Lösung. Die Benutzeroberfläche ist moderner und benutzerfreundlicher. Natürlich haben wir in der Zeitwirtschaft immer das Thema, dass viele Kunden individuelle Anpassungen vorgenommen haben. Da müssen wir im Einzelfall prüfen, ob wir alles abdecken können. Ich will das nicht kleinreden – bei den meisten Kunden funktioniert es sehr gut. Wir haben mittlerweile eine beachtliche Anzahl an Kunden: 750 weltweit und über 130 in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Feedback ist durchweg positiv.

 

Michael Scheffler

Kann ich von unserer Seite nur bestätigen. Wir haben auch bereits die ersten Projekte auf diesem Gebiet abgeschlossen, und das Feedback war immer sehr positiv.

 

Stefan Schüßler

 Genau, und das soll ja auch so sein. Wir haben gerade in die Zeitwirtschaft viel Manpower und Ressourcen investiert. Die Zeitwirtschaft ist eines der am schnellsten wachsenden Produkte, was die Marktdurchdringung betrifft. Der Grund dafür liegt in den Echtzeit-Funktionen und der modernen Technologie. Wir sind immer offen für Feedback, insbesondere von Kunden mit komplexen Zeitvereinbarungen, um unsere Lösung weiter zu verbessern. Die Kollegen in der Entwicklung setzen solche Rückmeldungen in der Regel um. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir, wenn wir die Gelegenheit haben, Kunden die Lösung zu zeigen, ein positives Feedback erhalten und die Lösung als echte Option wahrgenommen wird.

Michael Scheffler

Vielen Dank für die ganzen spannenden Einblicke. Wir sind dann auch schon wieder am Ende der Zeit. Noch einmal vielen Dank für das Gespräch nach all den Jahren. Wie gesagt, es hat mich sehr gefreut. Ich würde sagen, du hast das letzte Wort.

 

Stefan Schüßler

Ja, Michael, vielen Dank an dich. Es ist in der Tat immer wieder schön, mit dir zu sprechen und ein bisschen in die Vergangenheit zu schauen, was wir schon alles gemacht haben. Ich hoffe, dass wir in Kontakt bleiben und uns beim nächsten Mal auch wieder live sehen. Ich wünsche allen unseren Zuhörern viel Freude mit den Informationen. Wenn es Fragen gibt oder jemand etwas klären möchte, immer gerne auf uns zukommen. Man findet immer einen Weg, sich auszutauschen.

 

Michael Scheffler

Danke, Stefan, und bis zum nächsten Mal!

 

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