HR/IT Talk Episode #64

Von SAP HCM zu H4S4: Challenges, Stolpersteine und Best Practices aus der Praxis

Die Migration von SAP HCM hin zu SAP HCM for S/4HANA – besser bekannt als H4S4 – bewegt viele SAP-Anwenderunternehmen, denn die Migration birgt nicht nur technologische Herausforderungen, sondern auch organisatorische und strategische Fragestellungen.

In dieser Sonderfolge von HR/IT Talk, schlüpft der Podcast Host Michael Scheffler, Managing Director bei p78, in die Rolle des Interviewpartners und teilt Erfahrungswerte aus diversen H4S4 Migrationsprojekten.

Ergänzende Informationen zu dieser Episode:

- SAP Roadmap Explorer
- SAP What´s New Viewer
- Funktionsumfang/Module, die unter H4S4 nicht mehr zur Verfügung stehen werden siehe SAP Note 3091160
- “Migration auf SAP HCM for S/4HANA (H4S4)“, p78 HR/IT Talk #50
- „Keine Überraschung bei der H4S4 Migration: Vorausdenken und Handeln, um den Umstieg auf SAP HCM for S/4HANA erfolgreich zu gestalten!“p78 Webinar
- „Ihr Weg zur SAP-HCM-Strategie“, COMPUTERWOCHE
- Der Umstieg auf SAP HCM for S/4HANA (H4S4) im Detail, p78 Landingpage

 

Das Interview zum Nachlesen

Sabrina Flach

Servus Michael, willkommen in dieser Folge von HR/IT Talk. Mittlerweile ist es ja schon unsere dritte Sonderfolge, in der du nicht nur Host, sondern auch als Gast bei HR/IT Talk bist. Wir haben da ja sozusagen eine jährliche Tradition eingeführt, dass wir hier die Rollen tauschen. Wie ist es denn jetzt wirklich, heute wieder auf der anderen Seite zu sitzen? Und auch wenn die meisten unserer treuen Zuhörerinnen und Zuhörer dich sicherlich schon sehr gut kennen, haben wir auch immer wieder neue HR/IT Talk-Hörerinnen zum Glück. Daher würde ich dich bitten, dass du dich vielleicht auch nochmal ganz kurz vorstellst.

 

Michael Scheffler

Sehr gerne, Sabrina, und vielen Dank, dass du auch dieses Mal wieder in meine Rolle schlüpfst und mir als Interviewpartnerin dienst. Es ist jedes Mal wieder ein Highlight für mich, und ja, wir haben da fast schon eine Tradition geschaffen, die mich an eine sehr alte IT-Weisheit erinnert: "Never Change a Running System", was auch ganz gut als Leitsatz für die heutige Podcastfolge passt. Zuvor möchte ich mich aber nochmal mit zwei, drei Sätzen vorstellen. Du hast es ja erwähnt: Michael Schäfler, mein Name. Ich bin, ich würde sagen, seit geraumer Zeit etwa im SAP HCM-Geschäft unterwegs und beschäftige mich mein gesamtes Berufsleben lang schon mit den personalwirtschaftlichen Lösungen der SAP. Klar, ganz lange on-premise-lastig, in der jüngsten Vergangenheit dann auch in der Cloud. Über alle Software-Lösungen hinweg, also das klassische SAP HCM, das etwas neuere H4S4, auf das wir dann insbesondere eingehen werden, und natürlich auch die Core-Forward-Solution der SAP, die da wäre SAP SuccessFactors. Ich bin eigentlich Betriebswirt von der Historie her, habe mich aber lange in den technischen Umgebungen der SAP bewegt, also quasi im Maschinenraum, und insofern glaube ich, kann ich heute ganz gute Einblicke in das Thema H4S4 geben.

 

Sabrina Flach 

Super, danke dir, mit Sicherheit kannst du das. Dann würde ich sagen, lass es doch direkt mit einem Überblick starten. Warum ist H4S4 deiner Meinung nach für viele Unternehmen ein so entscheidender Schritt bzw. warum ist es so relevant für Unternehmen, die sich gerade mit der Transformation ihrer HR-Systeme beschäftigen?

 

Michael Scheffler

Um vielleicht das Thema nochmal zu Beginn etwas einzuordnen, muss man einen Blick auf die HCM Roadmap der SAP werfen und die strategische Bedeutung von H4S4 on-premise Edition und/oder der PCIe, also Private Cloud Edition, sich näher angucken. Und das ist jetzt auch keine neue Erkenntnis: Das gute alte SAP ERP HCM als Schlachtschiff der SAP aus vergangenen Dekaden nähert sich dem Lebensende, dem Sunset oder mehr End-of-Maintenance. Ab 2027 kann man als SAP-Anwenderunternehmen diese Software-Lösung nur noch bedingt einsetzen, denn dann endet eben diese Wartungszusage der SAP und dementsprechend muss man sich als Anwenderunternehmen mit Vorausschau Gedanken machen, wohin denn die Reise gehen soll. Da gibt es eben ein ganzes Potpourri an Möglichkeiten und Lösungsszenarien, das ist ein Thema für eine eigene Podcastfolge, und ich möchte jetzt nicht mehr zu tief darauf zu sprechen kommen, aber man kann das gerne auch nochmal vertiefen, separat, out of the records sozusagen. 

Ich würde das nochmal vielleicht zwei, drei Vorteile von H4S4 für Unternehmen erläutern wollen, die nicht können oder nicht wollen, sprich für die zum jetzigen Zeitpunkt SAP SuccessFactors als Go-Forward-Solution vielleicht nicht die richtige Lösung ist. Was wäre dazu zu nennen? An erster Stelle meisterhaft wären da Themen wie Stabilität und Investitionsschutz. Viele SAP-Anwenderunternehmen haben im Laufe der Dekaden die SAP HCM-Lösung anreifen lassen, sprich mit kundeneigenen Entwicklungen veredelt, und diese müssen oder sollen vielleicht auch noch die nächsten Jahre erhalten bleiben und müssen sozusagen, um sich zu rechnen, aufrechterhalten werden, und das kann natürlich mit einer H4S4 on-premise Edition insbesondere gelingen. Also das wäre ein Aspekt, den man vielleicht hier ins Feld führen könnte. Dann der zweite Aspekt aus meiner Sicht ist das Thema mehr Zeit für die individuelle Reise in die Cloud. Der HCM-Move in die Cloud bedeutet unter Umständen, ist man noch nicht so weit als Organisation oder hat vielleicht auch schon begonnen mit der Transformation Richtung SAP SuccessFactors, und solche Projekte brauchen manchmal ihre Zeit. Dementsprechend ist man vielleicht schon auf dem Weg in die Cloud, benötigt aber einfach noch mehr Zeit, um hier eben das Ganze auch abschließen zu können. Also das kann auch eine Motivation sein, auf H4S4 zu wechseln. Und last but not least ein weiterer Punkt aus meiner Sicht ist das Thema fehlende Funktionalitäten. 

Insbesondere im Bereich der Entgeltabrechnung, aber auch punktuell im Bereich der Branchenlösungen, und hier insbesondere im öffentlichen Dienst, gibt es noch funktionale Lücken, die so in der Cloud 1:1 nicht verfügbar sind. Hier gibt es zwar schnelle Entwicklungen oder Antworten der SAP, aber nichtsdestotrotz kann das aus Sicht eines SAP-Anwenderunternehmens vielleicht ein Traber dafür sein, dass man sich doch noch vorübergehend oder für eine Brückenglösung für H4S4 entscheidet. An der Stelle vielleicht noch eine Empfehlung: Ich habe in jüngster Vergangenheit mit Herrn Hermann Josef Haag, Fachvorstand der DSAG, ebenfalls über das Thema schon hier in diesem Podcast-Format diskutiert, und wer da mal reinhören möchte, ich glaube, das war die Folge Nummer 50. Da sind wir sehr intensiv auch aus einem H4S4-Migrationsvorhaben gesprochen gekommen, und da kann man sich vielleicht auch noch mal ein bisschen was rausholen aus dieser Folge.

 

Sabrina Flach 

Wir verlinken natürlich die entsprechende Episode in den Show Notes. Und ja, wie du gesagt hast, heute machen wir keine weitere detaillierte Einführung zu H4S4, sondern wollen uns wirklich auf die Herausforderungen, die Stolpersteine und die entsprechenden Lösungsansätze fokussieren. Vielleicht daher zum Start direkt einen Punkt, der im Endeffekt auch schon die ersten Herausforderungen darstellt und daher sicherlich auch sehr relevant ist für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Wie unterscheidet sich denn H4S4 von der bisherigen SAP ERP HCM-Lösung? Einige Funktionen, die Unternehmen aus dem bisherigen SAP ERP HCM kennen, sind ja so in H4S4 nicht mehr verfügbar.

Daher kannst du vielleicht einen kleinen Einblick geben, welche funktionalen Lücken auftreten und welche Alternativen es gibt, um diese dann wiederum zu schließen. Magst du da vielleicht ein paar bestimmte Themen hervorheben, die euch innerhalb eurer Projekte bei Kunden besonders beschäftigt haben?

 

Michael Scheffler

Sehr gerne, Sabrina, und einleitend vielleicht nochmal kurz zwei, drei Sätze mit grundsätzlichen Anmerkungen zu H4S4. Was ist das eigentlich? Also hier nochmal ganz kurz, um das Thema einzuordnen: H4S4 steht für SAP HCM for S/4HANA. Letztendlich ist HCM innerhalb eines S/4-Systems nicht der offizielle Rechtsnachfolger zu SAP ERP HCM, sondern es handelt sich hierbei um eine gänzlich neue Lösung der SAP. Diese basiert von der CodeLine, wie man sagt, auf SAP ERP HCM in Enhancement Package 8 und ist insofern inhaltlich schon ein Stück weit vergleichbar. Gleichzeitig sagt die SAP, dass es keine umfassende Rearchitektur der Lösung gegeben hat. Das bedeutet, inhaltliche Weiterentwicklungen gibt es zwar, aber nur punktuell, homöopathischer Natur sozusagen, aber sie sind vorhanden. Einen Überblick dieser Funktionen findet man im SAP Roadmap Explorer oder dem What's New Viewer, das sind gute Quellen. Es gibt auch entsprechende Blogs, die das sehr umfassend diskutieren. Wir können diese Links auch gerne in die Show Notes dieser Folge aufnehmen. Dort kann man genauer nachsehen, welche zusätzlichen Funktionen verfügbar sind und was gleichzeitig wegfällt an bisher gewohnten Funktionalitäten. 

Ein ganz wichtiger Aspekt, den man beachten muss, ist, dass im Zuge einer SAP Business Suite-weiten Vereinfachung – wie die SAP das nennt – bekannte Funktionen weggefallen sind. Diese stehen als sogenannte Simplifizierungsobjekte nicht mehr in H4S4 zur Verfügung. Ebenfalls wichtig ist das Thema SAP HANA-Datenbank (HANA DB), was eine technische Voraussetzung für H4S4 darstellt. Für Anwenderunternehmen bedeutet das, dass der gesamte Custom Code zu gegebener Zeit HANA-Datenbank-ready gemacht werden muss. Wir nennen das HANA Readiness, und das kann im Zweifel bedeuten, dass Code angepasst und entsprechend getestet werden muss. So viel dazu vielleicht, um das kurz zu skizzieren. Du hattest gefragt, was fällt denn weg? Ich habe es bereits angesprochen: die Vereinfachungen oder Simplifizierungsobjekte. Da gibt es einige. Ich würde da jetzt nicht zu tief reingehen wollen. Es gibt eine geeignete SAP Note, die das ausführlich darstellt, und die verlinken wir natürlich in den Show Notes. Dort findet man die umfassende Wahrheit. Ich würde jetzt mal zwei, drei Punkte herausgreifen, die uns in unseren Kundenprojekten bei H4S4-Migrationsprojekten mehrfach begegnet sind und die Anwenderunternehmen in der Praxis betreffen können. Diese Aspekte tangieren dann auch das Migrationsprojekt, denn sie erfordern entsprechenden Handlungsbedarf. Das ist auch einer der Aufwandstreiber, meiner Erfahrung nach.

Ein Beispiel: Die alte SAP Personalbeschaffung, also das PB-Modul, ist integrativ im SAP ERP HCM enthalten. Wir hatten bereits Kunden, die diese Lösung nach wie vor aktiv und produktiv in Verwendung hatten. Wenn man jedoch die H4S4-Business-Function aktiviert – denn so wird H4S4 letztlich produktiv gesetzt und in den Go-Live versetzt –, sind diese Objekte simplifiziert. Ruft man die entsprechenden Transaktionen auf, erscheint ein Pop-up mit der Meldung, dass diese Funktionalität nicht mehr zur Verfügung steht. Technisch gesehen sind die Daten, Strukturen und Dictionary-Objekte dahinter zwar noch vorhanden, jedoch nicht mehr verwendbar, da die Transaktionen deaktiviert wurden. Das kann zu einem entsprechenden Einführungsprojekt führen. Bei einem unserer Kunden war es der Fall, dass parallel zur H4S4-Migration SAP SuccessFactors Recruiting eingeführt wurde, um diese Funktionalität zu ersetzen. Das war eine zusätzliche Herausforderung, die genau geplant und umgesetzt werden musste. Ein weiteres Beispiel ist das Veranstaltungsmanagement, das wir insbesondere bei mittelständischen Kunden noch vorgefunden haben. Auch die ältere Personalkostenplanung, die in der Vergangenheit durch eine neuere Version ersetzt wurde, hat hier und da noch Auswirkungen. Ein häufiges Beispiel ist das gute alte Managers Desktop, das letztlich eine SAP GUI-basierte Vorversion der Manager Self Services darstellte. Auch hier gibt es in der Praxis noch häufig Handlungsbedarf.

 

Sabrina Flach

Ja, total spannend. Da muss man natürlich schon sehr gut informiert sein über die einzelnen Module und Unterthemen, aber dafür seid ihr ja letztendlich auch da, um beratend zur Seite zu stehen. An der Stelle können wir vielleicht auch nochmal auf unser Webinar verweisen: Keine Überraschungen bei der H4S4-Migration. Wir würden das entsprechend in den Show Notes verlinken. In diesem Webinar sind wir auch nochmal auf die einzelnen funktionalen Lücken eingegangen und teilen dort noch mehr Insights. Jetzt weiter im Thema. Da treten natürlich einige Stolpersteine auf, wie man gerade herausgehört hat. Was sind denn sonst die häufigsten Stolpersteine, die Unternehmen bei der Migration auf H4S4 erleben? Gibt es bestimmte Herausforderungen, die du aus deinen Projekten kennst und die immer wieder auftreten?

 

Michael Scheffler

Da gibt es einige, Sabrina. Ich würde gerne zwei, drei Learnings meinerseits teilen. Was ich immer wieder gebetsmühlenartig wiederhole – und deswegen auch hier gerne nochmal betonen möchte – ist das Thema HR/IT Roadmap. Das ist letztendlich ein Bebauungsplan, wie ich es gerne nenne, in dem sich ein Anwenderunternehmen Gedanken darüber macht, welche Lösungen benötigt werden, welche funktionalen Anforderungen aus dem HR-Fachbereich bestehen und welche Prozessunterstützung erforderlich ist. Ebenso sollte klar definiert werden, welches IT-System diese Anforderungen bedienen soll. Aus einer solchen HR/IT Roadmap muss auch hervorgehen, wie eine individuelle Reise in die Cloud aussehen kann. Als SAP-Anwenderunternehmen muss man sich früher oder später mit der Cloud und SAP SuccessFactors auseinandersetzen. Viele unserer Kunden haben das bereits getan. Oftmals findet man eine solche Roadmap in der Praxis vor, aber falls nicht, wäre eine valide Planung – auch wenn es kein umfassendes Dokument sein muss – sehr hilfreich. Besonders wenn man ein H4S4-Projekt durchsteuern möchte, ist eine strukturierte Planung essenziell, um technische Abhängigkeiten zu identifizieren und das Ganze im Sinne eines Masterplans voranzutreiben. Das unterstützt maßgeblich den Projekterfolg.

Projektplanung ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Erfolgsfaktor, und dazu dient auch eine entsprechende Vorstudie. Eine Empfehlung meinerseits wäre, sich dem H4S4-Thema im Sinne einer Pre-Study zu nähern. Das entspricht auch unserer Standardvorgehensweise bei p78. Dabei analysiert man individuell das bestehende System und prüft, welche Aufwandstreiber existieren, welche Vereinfachungsobjekte betroffen sind, ob Programme HANA-Datenbank-ready sind und vieles mehr. Diese Vorarbeit resultiert in einer soliden Arbeitspaketplanung, die anschließend strukturiert umgesetzt werden kann. Es gibt auch eine Reihe von SAP-Tools, die dabei unterstützen können. Standard-Tools wie der SAP S/4HANA Readiness Check, der SAP SuccessFactors Readiness Check, der SAP HANA Conversion Guide oder der Custom Code Migration Guide sind sehr hilfreich, um das Gesamtvorhaben zu planen und die Arbeitspakete abzuleiten.

Ein weiterer Punkt, den ich unbedingt erwähnen möchte, ist das Thema Change Management. Das ist ebenfalls ein zentraler Erfolgsfaktor. Es ist wichtig, die gesamte Organisation mitzunehmen. Oftmals sind SAP HCM oder H4S4 die Träger von Self-Services, wodurch alle Mitarbeitenden und Führungskräfte betroffen sind. Das macht Change Management essenziell, denn diese wichtigen Stakeholder müssen zum richtigen Zeitpunkt und in angemessener Weise informiert und abgeholt werden. Daher möchte ich besonders ans Herz legen, ein Projekt dieser Größenordnung flankierend mit einem durchdachten Change Management zu begleiten. Es sollte frühzeitig geklärt werden, welche Stakeholder wann und wie informiert werden müssen.

 

Sabrina Flach

Wunderbar, danke dir für den Überblick. Es sind aber tatsächlich einige Stolpersteine, die einem da begegnen können. 

 

Michael Scheffler

Ja, tatsächlich, und über den ein oder anderen ist man dann auch schon gestolpert. 

 

Sabrina Flach

Ich glaube, an dieser Stelle würde es jetzt tatsächlich Sinn machen, dass du deiner Meinung nach die wichtigsten Schritte und Überlegungen aufzeigst bei einer Migration auf H4S4. Kannst du hier Best-Practice-Beispiele aus der Beratungspraxis teilen? Du hattest unser p78-Vorgehen erwähnt. Kannst du dazu vielleicht nochmal detailliertere Einblicke geben?

 

Michael Scheffler

Kann ich gerne machen. Das ist letztlich keine Rocket Science. Wir haben ein solches Vorhaben in vier Projektphasen unterteilt. Die erste Phase, bzw. Phase 0, ist das Thema HR/IT Transformation Roadmap. Das ist aus meiner Sicht eine vorgelagerte Aktivität, die unbedingt erfolgen muss. Denn wenn man nicht weiß, wohin die Reise gehen soll, kann man auch nicht den richtigen Weg einschlagen. Eine klare Roadmap ist die Grundvoraussetzung.

Dann kommt Phase 1, die Pre-Studie oder Vorstudie. Hier geht es darum, den „Elefanten“ in verdaubare Häppchen zu zerteilen. Man analysiert, welche Arbeitspakete anstehen – beispielsweise die HANA-Datenbank-Umstellung oder die Anpassung des eigenen Quellcodes, damit dieser HANA-Datenbank-ready ist. Ein weiterer Punkt sind die Simplifizierungsobjekte, aber auch mögliche neue Funktionalitäten, die im Zuge des H4S4-Projektes aktiviert werden sollen. Diese Phase umfasst nicht nur technische Migration, sondern auch funktionale Anpassungen.

Die nächste Phase, Phase 2, fokussiert sich auf die HANA-Datenbank-Thematik. Das umfasst die Analyse und Anpassung des eigenen Quellcodes sowie die eigentliche Umstellung der Datenbank-Technologie von einer relationalen Datenbank auf die HANA-Datenbank. Viele unserer Kunden setzen diese Aktivität vorab um, um das Gesamtvorhaben zu entzerren und die Komplexität zu reduzieren. Das hat Vor- und Nachteile, aber ich sehe darin vor allem Vorteile, da man das Gesamtvorhaben in logische Einheiten aufteilt und sich parallel oder im nächsten Schritt den funktionalen Lücken widmen kann.

Phase 3 behandelt die Identifikation und Bearbeitung der funktionalen Lücken. Hier zeigt sich, ob ein Unternehmen Simplifizierungsobjekte hat oder nicht. Manche SAP-Anwenderunternehmen setzen Funktionen ein, ohne sich dessen bewusst zu sein. Ein Beispiel ist die Prozess-Engine für Part 10-Prozesse und Formulare. Diese ist zwar nicht direkt betroffen von den Simplifizierungen, aber es zeigt, dass Unternehmen oft Funktionen nutzen, die technisch im Hintergrund laufen, ohne dass sie darüber Bescheid wissen. Solche Aspekte werden in der Vorstudie herausgearbeitet.

Letztlich folgt Phase 4, die H4S4-Migration. Nachdem die Simplifizierungsobjekte ersetzt und alle Vorbereitungen getroffen wurden, geht es um die eigentliche produktive Migration des SAP-HCM-Systems. Diese Phase beinhaltet eine geplante Downtime und einen strukturierten Cut-over-Plan, der die Umstellung engmaschig organisiert. Im besten Fall lässt sich die Migration innerhalb eines Wochenendes oder eines verlängerten Wochenendes erfolgreich durchführen.

 

Sabrina Flach

Sehr wichtiges und spannendes Vorgehen, Michael. Das bringt mich natürlich gleich auf einige weitere Fragen. Du hast mehrfach die Bedeutung einer klaren HR/IT Roadmap betont. Wie hilft denn die Erstellung einer solchen Roadmap dabei, die Migration letztlich auch erfolgreich zu steuern?

 

Michael Scheffler

Ja, Sabrina, an der Stelle möchte ich gerne Aristoteles zitieren: "Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel richtig setzen." Ein sehr passendes Zitat, wie ich finde. Das übertragen auf unser Business bedeutet, dass Unternehmen sich darüber im Klaren sein müssen, welche Prozessunterstützung benötigt wird und wie diese durch IT-Systeme gewährleistet werden kann. Ich spreche in diesem Zusammenhang oft von einem „Bebauungsplan“, in Anlehnung an den Hausbau – oder vielleicht eher eine „Renovierung“ oder sogar „Kernsanierung“ im Falle von H4S4, je nachdem. Wenn man ein Haus errichten möchte, muss man im ersten Schritt ein solides Fundament gießen, bevor man im Dachgeschoss ein Fenster einsetzt. Ähnlich verhält es sich hier. Letztendlich ist vorausschauendes Handeln essenziell, um im HR/IT-Umfeld nicht plötzlich in eine fehlende Prozessunterstützung oder in technische Restriktionen zu stolpern. Deshalb ist meine klare Empfehlung immer wieder, eine passende HR/IT Roadmap zu entwickeln, die als Leitfaden für eine erfolgreiche Migration dient.

 

Sabrina Flach

Dann lass uns doch einmal auf den zweiten Punkt schauen, den du ebenfalls sehr betont hast: die H4S4 Pre-Study, die ja ein essenzieller Baustein in diesem Prozess ist. Welche konkreten Erkenntnisse können Unternehmen durch eine solche Vorstudie gewinnen, und warum ist sie so wichtig für eine erfolgreiche Migration?

 

Michael Scheffler

Eine H4S4 Pre-Study oder Vorstudie ist meiner Meinung nach deshalb so sinnvoll, weil SAP-HCM-Systeme oftmals über Jahrzehnte hinweg gereift sind. Ganze Generationen von Modulbetreuern, Inhouse-Beratern, externen Mitarbeitenden und Anwendungsentwicklern haben an diesen Systemen gearbeitet und ihre Spuren hinterlassen. Der eine oder andere Fachexperte oder die Fachexpertin ist vielleicht inzwischen sogar schon im Ruhestand. Das führt dazu, dass die implementierten Prozesse in der Vergangenheit nicht immer ausreichend dokumentiert wurden. Nicht jedes Unternehmen hat einen vollumfänglichen Überblick über sein System und weiß genau, welche Prozesse und Konfigurationen tatsächlich im Hintergrund laufen. Ein gutes Beispiel sind Schnittstellen. In vielen Unternehmen gibt es mehrere hundert Schnittstellen – interne Verknüpfungen, Anbindungen zu Satellitensystemen, Behörden, Subsystemen wie Zeiterfassungssystemen und vieles mehr. All diese Schnittstellen müssen im Rahmen einer H4S4-Migration umgestellt und „ready“ gemacht werden.

Daher ist eine valide Analyse zu Projektbeginn, idealerweise vorgelagert in einer solchen Vorstudie, essenziell. Meine Empfehlung ist, ein Vorhaben dieser Größenordnung immer mit einer entsprechenden Pre-Study zu starten. Ein besonders wichtiger Bestandteil der Vorstudie sind die sogenannten Simplifizierungsobjekte. Diese können die größten Aufwandstreiber einer H4S4-Migration sein. Sobald solche Simplifizierungsobjekte identifiziert werden, benötigt man einen klaren Plan, wie die Nachfolgelösungen ausgestaltet werden. Ein Beispiel: Ein Kunde hat sich entschieden, SAP SuccessFactors Recruiting als Nachfolgelösung für das wegfallende SAP Personalbeschaffungsmodul zu implementieren. Man muss sich hierbei genau überlegen, wie die funktionalen Anforderungen abgedeckt werden können. Gegebenenfalls muss eine neue Softwarelösung beschafft und implementiert werden – ein Prozess, der Zeit in Anspruch nimmt. All diese Handlungsstränge, Teilprojekte oder Workstreams müssen in einer Gesamtprojektplanung strukturiert werden, um sicherzustellen, dass der kritische Pfad bis zum Go-Live eingehalten werden kann.

 

Sabrina Flach

Welche technischen Voraussetzungen müssen Unternehmen erfüllen, um auf H4S4 zu migrieren? Hast du für unsere Hörerinnen und Hörer vielleicht Tipps, wie Unternehmen ihre Systeme optimal auf die Migration vorbereiten können? Und natürlich das Spannendste, was uns immer gefragt wird: Wie aufwendig ist dieser gesamte Prozess in der Regel?

 

Michael Scheffler

Ja, das sind viele Fragen. Die wichtigste technische Voraussetzung ist die HANA-Datenbanktechnologie, die eine zwingende Grundlage für H4S4 darstellt. Ich hatte bereits erwähnt, dass es sinnvoll sein kann, die Umstellung auf die HANA-Datenbank in einem vorgelagerten Projekt durchzuführen, um das Gesamtvorhaben zu entzerren. Alternativ lässt sich das auch in einem Aufwasch mit der H4S4-Migration umsetzen, je nachdem, wie der Kunde vorgehen möchte. Letztendlich haben wir ein Phasenmodell entwickelt, in dem der erste und wichtigste Schritt die Herstellung der HANA Readiness ist. Das bedeutet, alle kundeneigenen Objekte, die über die Jahre entwickelt wurden, auf die HANA-Datenbanktechnologie umzustellen. Dabei variiert der Aufwand stark, abhängig von der Ausgangssituation des Kunden. Der Aufwand kann von 0 bis zu mehreren hundert Personentagen reichen. In der Regel sind jedoch nicht die HANA-Readiness-Aktivitäten die größten Aufwandstreiber, sondern die sogenannten Simplifizierungsobjekte.

Neben der HANA Readiness empfehle ich immer, HANA Awareness im Unternehmen zu schaffen. Insbesondere, wenn das SAP-Anwenderunternehmen über interne Entwicklerressourcen verfügt, ist eine Schulung oder ein Training dieser Ressourcen essenziell. Es bringt wenig, den Quellcode zu einem Stichtag HANA-ready zu machen, wenn im Tagesgeschäft weiterhin nicht optimierter Code erzeugt wird, der später erneut angepasst werden muss. Hier helfen Schulungskonzepte oder Tools wie der Code Inspector, der sicherstellt, dass neue oder geänderte Programme direkt den Anforderungen der HANA-Technologie entsprechen. So können Anpassungen schrittweise und flankierend zum Tagesgeschäft erfolgen. Ein weiterer Aspekt ist die HANA Optimization. Mit der HANA-Datenbank-Technologie eröffnen sich neue Möglichkeiten, insbesondere in Bezug auf Performance und Laufzeitoptimierung. Laufzeitkritische Programme oder Berichte können gezielt angepasst und beschleunigt werden, beispielsweise im Reporting-Bereich. Führungskräfte-Reports sind ein gutes Beispiel, bei dem wir bereits deutliche Verbesserungen durch Optimierung erzielt haben, was einen erheblichen Mehrwert für die Organisation darstellt.

 

Sabrina Flach

Und welche Empfehlungen kannst du dann direkt aus der Praxis hinsichtlich der Datenbank-Begradation geben?

 

Michael Scheffler

Ein praktischer Tipp aus unserer Erfahrung bei Datenbankmigrationen ist, zunächst den Custom Code zu analysieren und möglichst zu reduzieren. Oft finden sich Programme oder Objekte, die ursprünglich für einmalige Migrationsprojekte oder spezielle Anwendungsfälle entwickelt wurden, aber nicht mehr aktiv genutzt werden. Diese zu eliminieren, reduziert den Gesamtaufwand der Anpassungen erheblich und schafft einen klareren Fokus auf relevante Anpassungen. Viele Kunden haben eigene Lösungen entwickelt, um veraltete Objekte zu deaktivieren, und entsprechende Richtlinien etabliert. Meine erste Empfehlung wäre, die wirklich relevante Menge an Custom Code und Objekten herauszufiltern. Ein Beispiel ist der ABAP-Aufrufmonitor (Transaktion SCMON), den man über einen Zeitraum von 12 bis 13 Monaten aktivieren kann, sofern man die Zeit hat. Damit lässt sich gut ermitteln, welche Objekte tatsächlich noch genutzt werden. Alles, was nicht genutzt wird, muss auch nicht auf die HANA-Datenbank umgestellt und angepasst werden, was den Aufwand erheblich reduziert.

Ich habe bereits den SAP S/4 Readiness Check erwähnt. Ergänzend dazu gibt es Standardwerkzeuge wie das ABAP Test Cockpit oder den Code Inspector, die Prüfvarianten bereitstellen, um den Code detailliert zu analysieren. SAP stellt dazu verschiedene Prüfvarianten wie Functional DB, Edition DB und Performance DB bereit, die ich empfehlen kann. Diese Werkzeuge generieren Findings mit Prioritäten. Als Minimum sollte man sich auf Findings mit Priorität 1 und 2 konzentrieren und diese entsprechend auf die HANA-Datenbank anpassen. Ein besonders hilfreiches Feature von SAP ist die Quick Fixes-Funktion, die in Eclipse integriert ist. Damit können viele Anpassungen halbautomatisch vorgenommen werden. Mit wenigen Klicks lassen sich entsprechende Code-Anpassungen umsetzen, wodurch der Entwicklungsaufwand signifikant reduziert wird. Nach unserer Erfahrung lassen sich so 60 bis 80 Prozent des Codes effizient anpassen. Natürlich gilt auch hier das Pareto-Prinzip: Die letzten 20 Prozent stellen häufig die größten Aufwandstreiber dar. Dennoch kann ein Großteil der Anpassungen mit diesem Tool elegant und schnell umgesetzt werden.

Ich möchte nochmals auf die Bedeutung der Awareness der internen Entwicklerressourcen hinweisen. Es ist entscheidend, dass parallel kein weiterer nicht-HANA-ready-Code erzeugt wird, der später erneut angepasst werden müsste. Tools wie der Code Inspector können hier unterstützen, um auch im Tagesgeschäft kontinuierlich HANA-Standards sicherzustellen. Zuletzt möchte ich noch auf sogenannte Third-Party-Lösungen hinweisen – Add-ons von SAP-Partnerunternehmen wie etwa den Ingentis Org.Manager oder Clone & Test von Accenture, um zwei Beispiele zu nennen. Diese Add-ons sind häufig im Einsatz und müssen ebenfalls rechtzeitig HANA-ready gemacht werden. Nach meiner Erfahrung haben die Hersteller das bereits im Blick, aber es ist wichtig zu prüfen, ob die richtigen Softwareversionen eingespielt sind und aktiv genutzt werden. Mein Tipp: Überprüfen Sie sämtliche Add-ons, die Sie in Ihrem SAP HCM-System einsetzen, um sicherzustellen, dass auch diese kompatibel sind.

 

Sabrina Flach

Das sind wirklich hilfreiche Erfahrungswerte für unsere Hörerinnen und Hörer. Wir nähern uns langsam dem Ende des Podcasts. Daher würde ich sagen, lass uns doch abschließend noch einmal kurz zusammenfassen: Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Lessons Learned aus H4S4-Migrationen, und welche Empfehlungen würdest du Unternehmen geben, die vor diesem Schritt stehen?

 

Michael Scheffler

Um das nochmal ganz kurz zusammenzufassen – quasi als Wrap-up: Die Vorstudie und eine klare HR/IT Transformation Roadmap sind essenziell. Das sind grundlegende Aspekte, die den Erfolg einer H4S4-Migration maßgeblich beeinflussen. Ich empfehle außerdem, die Simplifizierungsobjekte ernst zu nehmen, da diese häufig die größten Aufwandstreiber in einer H4S4-Migration sind. Parallel dazu sollte geprüft werden, welche neuen Funktionen im Standard verfügbar sind, und diese, wo möglich, direkt implementiert werden. Oft bieten solche neuen Features deutliche Mehrwerte und können als low-hanging fruits im Migrationsprogramm mitgenommen werden.

Ein Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist die Bedeutung eines detaillierten Cut-over-Plans. Dies ist keine neue Erkenntnis, wird aber immer wieder in der Praxis bestätigt. Eine sorgfältige Planung aller Aktivitäten während der Downtime – idealerweise über ein Wochenende – hilft, diese auf ein Minimum zu reduzieren. Es ist wichtig, die Zuständigkeiten und den Zeitbedarf für alle notwendigen Schritte genau festzuhalten und diese strukturiert abzuarbeiten. Ein weiterer praktischer Tipp ist der Einsatz eines Sandbox-Systems. Ich empfehle, in jedem Migrationsprojekt eine spezielle Projektumgebung zu schaffen, um die H4S4-Migration ein- bis zweimal vollständig durchzuspielen. Dies erlaubt es, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, insbesondere im Hinblick auf Programmlaufzeiten und potenzielle Fehlerquellen. Durch diese Übung lässt sich die Wahrscheinlichkeit von Fehlern im produktiven Go-Live deutlich minimieren. Mit diesen Schritten können Unternehmen ihre H4S4-Migration optimal vorbereiten und erfolgreich umsetzen.

 

Sabrina Flach

Das ist doch nochmal eine großartige Zusammenfassung für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Und damit sind wir leider – muss ich fast sagen – schon am Ende unserer heutigen Sonderfolge angekommen. Vielen, vielen Dank dir nochmal, Michael, für deine wertvollen Einblicke. Ich bin mir sicher, dass da jede Menge wertvoller Input für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer dabei war und dass sie einige hilfreiche Tipps mitnehmen konnten. Wir freuen uns natürlich auch über Feedback, Rückfragen und Co. Bis zum nächsten Mal!

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